TN 04/2011, 17. Mai 2011

Gehaltstarifrunde 2011/2012: Sogenannte Warnstreiks sind derzeit unzulässig

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie der Geschäftsführung des AGV heute mitgeteilt wurde, hat die Gewerkschaft ver.di für Freitag, den 20. Mai 2011, im Raum Stuttgart zu „Warnstreiks“ zur Durchsetzung der von ver.di geforderten Gehaltserhöhung aufgerufen. Der AGV stellt hierzu Folgendes fest:

Warnstreiks sind jedenfalls bis zum Abschluss des für den 31. Mai 2011 fest vereinbarten Verhandlungstermins rechtswidrig. Die Beteiligung an derartigen Aktionen ist unzulässig und stellt einen arbeitsvertraglichen Verstoß dar.

Die Tarifvertragsparteien haben sich auf drei Verhandlungstermine für die diesjährige Tarifrunde verständigt (29. März 2011, 5. Mai 2011, 31. Mai 2011). In einem gemeinsamen Gespräch der Sozialpartner unter Beteiligung beider Verhandlungsführer war am 3. Februar 2011 abgestimmt worden, dass in der ersten Verhandlungsrunde die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erörtert werden, in der zweiten Verhandlungsrunde die Forderungen beider Seiten zum Manteltarif diskutiert würden und in der dritten Verhandlungsrunde versucht werde, unter Einbezug des in den beiden vorhergehenden Runden erreichten Verhandlungsstandes eine Einigung über die Lohnfrage zu erzielen. Trotz der vorzeitigen Beendigung der zweiten Verhandlungsrunde am 5. Mai 2011 waren sich beide Sozialpartner einig, die Gespräche am 31. Mai 2011 fortzusetzen. Insbesondere wurden die Verhandlungen von ver.di nicht für gescheitert erklärt.

Der AGV wird entsprechend dem mit ver.di abgestimmten Verhandlungskanon für die Verhandlungsrunde am 31. Mai 2011 ein Gehaltsangebot unterbreiten. Bis zu diesem Zeitpunkt, insbesondere auch am 31. Mai selbst und ggf. weiterer fest vereinbarter Termine, sind Warnstreiks und die Teilnahme von Arbeitnehmern an derartigen Aktionen rechtswidrig.

Nach der vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 21. April 1971 (AP Nr. 43 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) weiterentwickelten Arbeitskampflehre ist ein rechtmäßiger Arbeitskampf nur möglich, wenn zuvor auf dem Verhandlungswege keine Ergebnisse erzielt wurden („ultima ratio“-Prinzip). Rechtmäßigkeitsvoraussetzung eines Arbeitskampfes ist es daher, dass die Verhandlungen gescheitert sind. Seit der Entscheidung des BAG vom 21. Juni 1988 (1 AZR 651/86) werden auch sog. „Warnstreiks“ dem Arbeitskampf zugeordnet. Es müssen daher auch für kurzfristige Arbeitsniederlegungen die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des Arbeitskampfes vorliegen.

Diese Voraussetzungen sind bisher in unserem Tarifbereich nicht erfüllt. Insbesondere kann in der Organisation von sog. „Warnstreiks“ nicht konkludent eine Erklärung des Scheiterns der Verhandlungen durch ver.di erblickt werden (so andeutungsweise das BAG in der Entscheidung vom 21. Juni 1988, a.a.O.), da der mit der Gewerkschaft bereits weit im Vorfeld der Tarifrunde abgestimmte Verhandlungsfahrplan bisher nicht abgearbeitet worden ist.

In Voraussicht solcher unzulässiger „Warnstreikaktionen“ hat der AGV mit Sonderrundschreiben SR 3/2011 vom 4. Mai 2011 einen Arbeitskampfleitfaden für die Versicherungswirtschaft an die Unternehmen übermittelt, der nützliche Hinweise für den Umgang mit Arbeitskampfmaßnahmen enthält und entsprechende Musterschreiben an Belegschaft und Führungskräfte beinhaltet.

Der AGV empfiehlt den betroffenen Unternehmen, die Mitarbeiter über die Unzulässigkeit derartiger Streikmaßnahmen zu informieren. Das in Anlage 3 des Arbeitskampfleitfadens befindliche Musterschreiben bietet Ihnen nützliche Hinweise für die Gestaltung der Mitarbeiterinformation.

Ansprechpartner: