Sehr geehrte Damen und Herren,
heute fand in Köln die zweite Runde der Gehaltstarifverhandlungen für die rund 180.000 Innendienst-Angestellten statt.
Im Mittelpunkt standen die Forderungen beider Seiten, bestimmte Bereiche des Manteltarifvertrages zu verändern. Unsere Verhandlungskommission unter Leitung von Dr. Josef Beutelmann drängte insbesondere auf eine Variabilisierung der tariflichen Sonderzahlungen durch freiwillige Betriebsvereinbarungen. Grund hierfür sei der Wunsch, eine leistungsgerechtere Differenzierung der Vergütung zu ermöglichen. Dies solle aber kein „Kostensenkungsprogramm“ sein, da der Tarifvertragsentwurf des agv eine Gehaltssicherungsklausel enthalte: Die Unternehmen wären danach verpflichtet, stets insgesamt denselben Betrag an Sonderzahlungen auszuzahlen, den sie ohne Variabilisierung bezahlen müssten. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di lehnte eine Differenzierung der Vergütung mit der Begründung ab, jeder Mitarbeiter habe 13,3 Monatsgehälter bereits fest zum Bestreiten seines Lebensunterhalts „eingeplant“.
Ferner forderte der agv, dass Samstagsarbeit künftig durch erzwingbare Betriebsvereinbarung und nicht – wie bislang – nur durch freiwillige Betriebsvereinbarung eingeführt werden kann. Es gehe aber nicht darum, dass der Samstag zu einem regelmäßigen Arbeitstag „für alle“ werde. ver.di entgegnete, das freie Wochenende sei ein „Kulturgut“. Die Gewerkschaft bot jedoch an, im Einzelfall vermittelnd tätig zu werden, wenn Betriebsräte den Wunsch nach Einführung von Samstagsarbeit ablehnen würden.
Weitere Forderungen des agv waren die Herausnahme von übertariflich bezahlten Angestellten zumindest aus der tariflichen Arbeitszeitregelung, die Einschränkung von Nachtarbeitszuschlägen und die Einführung von beschäftigungswirksamen Lohngruppen unterhalb der Gehaltsgruppen I und II für Neueinstellungen. Das letztgenannte Thema wurde besonders ausführlich diskutiert. Der agv schlug konkret vor, für Neueinstellungen anstelle der Gehaltsgruppen I und II neue Gehaltsgruppen A und B mit Brutto-Monatsgehältern zwischen 1.200 € und 1.500 € vorzusehen. ver.di zeigte sich bei allen drei Themen sehr zurückhaltend. Die Herausnahme der übertariflich bezahlten Angestellten sei nur möglich, wenn zuvor neue Gehaltsgruppen IX und X geschaffen würden.
Anschließend wurden auch die Forderungen der Gewerkschaft erörtert:
- Übernahme der Azubis nach bestandener Abschlussprüfung zumindest für zwölf Monate in ein Angestelltenverhältnis;
- Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen zumindest für Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften;
- Verlängerung des Altersteilzeitabkommens bis zumindest Ende 2009 mit Rechtsanspruch;
- „Entfristung“ der 30-Stunden-Klausel gem. § 11 Ziff. 1 Abs 5. MTV bei einem Teillohnausgleich von 50 Prozent;
- Abgeltung von Mehrarbeit grundsätzlich nur noch in Freizeit anstelle des bisherigen Wahlrechts des Arbeitsgebers zwischen Geld und Freizeit;
- Abschluss eines Qualifizierungstarifvertrags.
Der agv konnte in nahezu keinem Punkt Entgegenkommen signalisieren. Vorstellbar seien nur die Verlängerung des Altersteilzeitabkommens ohne Rechtsanspruch und die „Entfristung“ der 30-Stunden-Klausel ohne Lohnausgleich.
Abschließend erklärte Herr Dr. Beutelmann, der agv werde zu Beginn der dritten Verhandlungsrunde der Gewerkschaft ein der wirtschaftlichen Gesamtlage der Versicherungswirtschaft angemessenes Angebot vorlegen.
Die Verhandlungen werden am Freitag, dem 23. November, um 14.00 Uhr in Hamburg fortgesetzt.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Jörg Müller-Stein, Dr. Michael Niebler