Berufliche Perspektiven für „Eltern in Führung“
Interview mit Christoph Rathmann, Projektleiter Frauen+
Herr Rathmann, welche Maßnahmen gibt es bisher bei der Allianz Deutschland, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu steigern?
Wir beschäftigen uns mit dem Thema „Mehr Frauen in Führungspositionen“ seit drei Jahren intensiv im Projekt „Frauen+ – Mehr Frauen als Führungskräfte einsetzen“. Wir haben vier Handlungsfelder: Karriere und Familie, Netzwerken und Mentoring, Kommunikation und Kultur und schließlich Talentmanagement und Besetzungsprozesse. Hier haben wir von Personalseite ein waches Auge auf die Entwicklung von Frauen, damit sie bei der Talentplanung nicht vergessen werden. Und auch im Rahmen der Führungskräfteentwicklung ist Diversity ein spezieller Baustein.
Und welche dieser Maßnahmen funktioniert schon besonders gut?
Besonders herausgreifen möchte ich unser Programm „Eltern in Führung“, das Bestandteil der ersten Säule ist. Wir wollen Eltern, die in Elternzeit gehen und zuvor schon eine Führungsposition innehatten, dabei unterstützen, wieder in diese Position zurückzukommen. Dafür haben wir uns das Thema im Vorfeld angeschaut. Unsere Analysen haben ergeben, dass es in den Vorjahren sehr oft so war, dass Frauen in Führung in Elternzeit gegangen sind und nach der Elternzeit aber nicht als Führungskraft zurückkamen, sondern als Referentin oder als Sachbearbeiterin weiterbeschäftigt worden sind. Die positive Seite ist, dass wir sie als Allianz nicht ganz verloren haben, weil sie ja nach wie vor für uns arbeiten. Der schale Beigeschmack ist aber, dass wir in deren Entwicklung viel investiert haben und dieses Potenzial jetzt ungenutzt lassen. Daher haben wir die Maßnahme „Eltern in Führung“ ins Leben gerufen.
Wie sieht die Maßnahme „Eltern in Führung“ konkret aus?
Sie umfasst drei Komponenten: Das eine ist die sogenannte Rückkehr-Governance, mit der wir den Frauen oder auch Männern in Elternzeit garantieren, dass wir bis zu sechs Monate nach der Geburt ihre alte Stelle freihalten. Die zweite Komponente ist die Möglichkeit des flexiblen Arbeitens, mit der wir insbesondere für diese Zielgruppe sowohl Teilzeit- als auch mobile Arbeitsmodelle propagieren. Die dritte Komponente ist das Thema Kontakt halten. Das machen wir im Rahmen eines Patenprogramms. So wird die übergeordnete Führungskraft bei Mitarbeitern in Elternzeit frühzeitig als Pate implementiert. Das heißt, schon vor der Geburt bzw. vor dem Eintritt in den Mutterschutz oder die Elternzeit werden die ersten Gespräche geführt, welche Unterstützungsmöglichkeiten die Allianz bietet. Das Patenprogramm läuft über die gesamte Elternzeit in regelmäßigen Meetings, damit der Kontakt zur Allianz auch während der Elternzeit nicht abreißt.
Was passiert wenn man länger wegbleibt? Heißt das dann automatisch die Führungsposition ist weg oder kriegt man dann eine andere Führungsposition?
Es ist generell so, dass wir versuchen, die Leute nach der Elternzeit wieder bestmöglich zu beschäftigen. Und wenn sie vorher eine Führungsposition hatten, dann ist natürlich das Ziel, sie wieder in eine Führungsposition zu bekommen. Bis sechs Monate gibt es die Garantie auf die alte Führungsposition, oft wird der Zeitraum aber auch individuell verlängert.
Sie setzen also einen Anreiz zur schnellen Rückkehr in den Beruf?
Der Anreiz ist, dass man in eine Position zurückkommt, in der man sich nicht neu einarbeiten muss. Denn viele fragen sich, ob sie mit Kind überhaupt noch eine Führungsrolle ausfüllen können. Und wenn es dann dazu kommt, dass es vielleicht sogar eine neue Stelle ist, also ein neuer Bereich, in dem man sich erst einarbeiten muss, dann sind das natürlich besondere Hürden. Die gleiche Position zu garantieren, senkt zumindest eine Hürde.
Wie wird das Ganze angenommen?
Wir haben dieses Programm im Sommer letzten Jahres öffentlich gemacht. Von daher haben wir natürlich noch nicht so viele Fälle, aber mittlerweile sind es schon gut 20 Personen, die von dem Programm Gebrauch gemacht haben.
Und von den Führungskräften?
Klar, für die Führungskräfte ist es mit Mehraufwand verbunden, die Stelle freizuhalten und nicht zu besetzen. Aber wenn sie die Stelle nachbesetzen wollten, bräuchten sie ja auch eine gewisse Zeit. Das rechnen sich die Führungskräfte natürlich auch aus, von daher ist dieser Zeitraum von sechs Monaten schon darstellbar. Außerdem können diese Stellen auch für Personalentwicklungsmaßnahmen genutzt werden, da junge Talente hier Erfahrungen sammeln können.
Nehmen tatsächlich Männer und Frauen die Möglichkeit wahr?
Das Programm heißt ja „Eltern in Führung“. Daher ist es sowohl für Männer als auch für Frauen offen. Wenn wir uns das jetzt schön rechnen wollten, dann könnten wir natürlich sagen, ganz viele Väter machen davon Gebrauch. Aber wir sehen auch an den Zahlen, dass vor allem die zwei Partnermonate in Anspruch genommen werden, die ja innerhalb unserer sechs Monate liegen.
Sie haben gesagt, man kann nach den sechs Monaten auch in Teilzeit zurückkommen. Auch als Führungskraft?
Ja das ist ganz variabel. Wir hatten zum Beispiel eine Kollegin, die das wirklich ausprobiert hat. Sie hat mit 60 Prozent angefangen und hat dann nach dem ersten Monat gesagt, schaff ich locker, jetzt stock ich auf. Sie hat dann gleich sehr hoch aufgestockt, dann nochmal runter und hat das sehr variabel genutzt und ist jetzt mittlerweile, nach einem halben Jahr, wieder bei 90 Prozent. Klar, die Führungskraft muss da mitspielen. Aber das ist in allen Fällen bisher der Fall. Alle haben zurückgemeldet, sie hätten die volle Unterstützung durch die Führungskraft, auch bei Teilzeit.
Wird das auch von oben unterstützt?
Vom Unternehmen wird das auf jeden Fall gewünscht. Im letzten Jahr haben wir an alle Führungskräfte kommuniziert, dass auch Führung in Teilzeit eine Möglichkeit ist. Dieses Statement hat der gesamte Vorstand der Allianz Deutschland unterschrieben. Das ist unsere Positionierung und die wird auch ganz klar kommuniziert.
Christoph Rathmann
Allianz Deutschland AG
Projektleiter Frauen+