Frauenförderung im Vier-Säulen-Modell
Interview mit Heiko Aland, Abt. Personalentwicklung / Change Management und PE-Projekte / -Produktentwicklung
Herr Aland, warum ist das Thema „Frauen in Führung“ für die HUK-COBURG so wichtig?
Wir haben einen Gesamt-Frauenanteil im Unternehmen von über 59 Prozent. Das ist höher als der Branchendurchschnitt und somit haben wir auch viel unerschlossenes Potenzial.
Und welche Maßnahmen ergreift die HUK-COBURG, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu steigern?
Wir haben das Ganze systemisch betrachtet und zunächst einmal geschaut, was es im Unternehmen überhaupt schon gibt, was sich bewährt hat und wie sich die gegenseitigen Wechselwirkungen verhalten. Zusammenfassen kann man das alles in vier Blöcken: Erstens, Karriereentwicklung und Weiterbildung, insbesondere im Bereich Führungskräfteentwicklung und Angebote für Frauen. Zweitens, Kommunikation – wie treten wir in die Öffentlichkeit und wie sensibilisieren wir unsere Belegschaft? Drittens, Rekrutierung und Nachbesetzung. Und schließlich viertens, die organisationalen Rahmenbedingungen. Eingerahmt werden diese Blöcke durch ein Controlling, für das wir gewisse Parameter identifiziert haben.
Sehen wir uns diese Punkte einmal der Reihe nach an. Da steht zunächst die Karriere- und Führungskräfteentwicklung. Welche Angebote gibt es da speziell für Frauen?
Hier spielt das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine große Rolle. Wir legen verstärkt in den Personalgesprächen u. a. einen starken Fokus auf Karriere- und Familienplanung, damit wir das in einem Karriereplan berücksichtigen können. Wir sehen beispielsweise auch Elternzeit als eine Qualifikation an, die jemand in sich selbst reifen lässt und auch die Persönlichkeit weiterentwickelt.
Darüber hinaus rekrutieren wir auch ganz bewusst aus den Abwesenheitsvertreterinnen und -vertretern. Wir bieten damit unserer Belegschaft die Möglichkeit, in eine Führungsrolle reinzuschnuppern; wir sind dann aber auch offen, wenn jemand danach sagt, ich habe es mir angesehen aber nein, das ist nichts für mich. Zusätzlich bieten wir auch Führung in reduzierter Vollzeit bis zur Bereichsleiterebene an. Damit wollen wir ganz bewusst ein Signal senden und verhindern, dass sich Karriereinteressierte gegen Führungskarriere entscheiden oder uns potenzielle Führungskräfte generell verloren gehen.
Sie haben auch ein Mentoringprogramm eingeführt.
Richtig, wir bieten ein Mentoringprogramm über die Dauer von einem Jahr an. Das Pilotprojekt hat im Herbst 2012 begonnen und lief bis Ende 2013. Wir haben dafür gezielt Frauen auf Gruppenleiterebene ausgewählt, die über entsprechendes Führungspotenzial verfügen und signalisiert haben, den nächsten Karriereschritt machen zu wollen. Die Mentoren kamen aus der Abteilungs- und Bereichsleiterebene. Das Matching, d. h. die Zusammenführung der Tandems war uns sehr wichtig: Wir haben geschaut, welche Themen und Zielstellungen die weiblichen Führungskräfte, sprich die Mentees, durch das Mentoring für sich voranbringen wollten (z. B. mit einer Mentorin besprechen, wie sich Führungskarriere und Familie vereinbaren lassen), um dann passgenau einen Mentor oder eine Mentorin zu finden. Die Resonanz war insgesamt sehr positiv. Einige Mentees haben sich bereits während des Mentorings weiterentwickelt und sind den nächsten Karriereschritt angegangen.
Was gehörte denn alles zu diesem Mentoringprogramm?
Unser Mentoringprogramm war in einen Rahmen aus gemeinsamer Auftaktveranstaltung aller Tandems, sog. „Boxenstopp“ und Abschlussworkshop eingebettet. Um die Bedeutung des Programms zu unterstreichen, hat unser Personalvorstand hierfür die Schirmherrschaft übernommen und war sowohl bei der Auftakt- als auch bei der Abschlussveranstaltung dabei. Sowohl Mentoren als auch Mentees wurden vor Programmstart intensiv auf das Mentoring vorbereitet. Bereits die Auftaktveranstaltung diente u. a. dem Netzwerkgedanken und dem gegenseitigen Kennenlernen. Beim „Boxenstopp“ zogen die Tandems Zwischenbilanz und beim Abschlussworkshop reflektierten sie Zielerreichung, Zusammenarbeit und individuellen Nutzen des Mentorings. Neben diesem offiziellen Rahmenprogramm gab es regelmäßige Menteetreffen, bei denen u. a. spezifische Themen wie z. B. „Frauen und Macht“ aufgegriffen wurden. Ferner bestand für Mentoren und Mentees während der gesamten Zeit das Angebot zur individuellen Beratung durch die Fachverantwortliche der Personalentwicklung.
Und wie läuft es jetzt weiter?
Interessanterweise gab es die Rückmeldung, dass wir so eine tolle Personalentwicklungsmaßnahme auch für männliche Führungskräfte anbieten sollten. Das haben wir nun vor und bereiten die Öffnung des Programmes auch für Männer vor.
Sie haben außerdem das Thema Kommunikation genannt. Was verbirgt sich dahinter?
Wir haben festgestellt, dass es bei Frauen offenbar auf eine andere Ansprache ankommt. Oft reicht es nicht, einfach nur zu fragen, „möchten Sie den nächsten Schritt gehen“ oder „möchten Sie Karriere machen?“ Eher muss man auch schauen, dass man sie gezielt ermutigt und ihnen den Rücken stärkt, damit Frauen sagen: „Mensch ja, das traue ich mir zu, das mache ich.“ Viele Frauen erwarten immer noch, dass der Chef merkt, dass sie gute Arbeit machen und sie daraufhin anspricht. Hier müssen wir auch die Führungskräfte sensibilisieren. Ergänzend erscheint uns die behutsame und kanalisierte Thematisierung im Unternehmen ebenfalls bedeutsam. Somit haben wir die Kommunikation zwischen Mitarbeiterin und Führungskraft genauso im Blick, wie die unternehmensweite Kommunikation.
Das ist ja wiederum eng mit Ihrem dritten Punkt „Rekrutierung und Nachbesetzung“, insbesondere dem Nachfolgemanagement verbunden, oder?
Richtig. Wir haben jährliche Nachfolgeplanungsrunden. In denen sprechen Abteilungsleiter und Vorstände mit der Personalentwicklung konkret über Nachfolgekandidaten, dort haben wir auch das Frauenförderungscontrolling mit aufgenommen. Das heißt, wir werten dann tatsächlich auf Sachbearbeiter- und Gruppenleiterebene, aber auch auf Abwesenheitsvertreterebene die Verteilung der Frauen über die Hierarchien aus. Hier zeigen wir ganz klar die Entwicklung der Zielgröße im aktuellen Verlauf auf, um den Status der Zielerreichung im Hinblick auf die selbstdefinierte Zielgröße zu besprechen. So weiß jeder immer zwischendurch wo er steht und was er noch tun müsste. Hier öffnet sich auch die Schnittstelle zur Rekrutierung, da wir u. a. mit der Ausgestaltung der Stellenausschreibung gezielt auf die Attraktivität für weibliche/männliche Bewerber Einfluss nehmen möchten.
Als übergeordneten Punkt haben Sie das Controlling erwähnt. Wie messen Sie, was Sie tun?
Im Grunde genommen muss man wirklich ganz klein anfangen und sich fragen: Was sind denn überhaupt Kriterien aus den vier Blöcken, die ich messen sollte, die mir im Alltag immer wieder begegnen und die ursächliche Auswirkungen auf die Ansprache von Mann und Frau haben. Dazu zählen auch die Sprache oder Stellenausschreibungen. Weiterhin sensibilisieren wir die Führungsverantwortlichen, dass sie in den Personalentwicklungsgesprächen zum Beispiel aktiv Karriereplanung ansprechen, oder auch den Nachfolgepool möglichst homogen nachbesetzen. Das sind exemplarische Kriterien, die wir aufgelistet haben und die wir an die Hand geben. Wir haben keine Frauenquote im klassischen Sinn. Wir haben eine Zielgröße, die die Resorts selbst für sich definieren; ergänzt um Maßnahmen, die die Zielgröße erreichbar machen. Uns war wichtig, den einzelnen Resorts zu sagen: Findet selbst eine Zielgröße, die herausfordernd ist, die aber auch realistisch erreicht werden kann.
Heiko Aland
HUK-COBURG Versicherungsgruppe
Abt. Personalentwicklung / Change Management und PE-Projekte / -Produktentwicklung