Ideen gemeinsam entwickeln: Vom „Learning over Lunch“ zum „Parent-Child-Office“
Interview mit Jutta Kern, Head of Human Resources
Frau Kern, wie gehen Sie bei der SCOR das Thema Frauenförderung an?
Wir haben uns hier in Köln vor einiger Zeit überlegt, was wir tun könnten um Frauen zu unterstützen und zu fördern. Wir sind am Standort etwas mehr als 200 Mitarbeiter, da kann man eher maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Wir haben unsere „Partner-Frauen“ in einen Business Club zum Essen eingeladen und gefragt: „Was bewegt Euch? Was fehlt Euch? Was wünscht Ihr Euch? Was läuft gut? Was können wir verbessern?“ Wir schauen uns selbstverständlich auch Umfragen an, aber wir wollen wissen, was unsere eigenen Mitarbeiterinnen direkt bewegt.
Wir denken zurzeit auch über die Implementierung eines integrierten Diversity Konzeptes nach – gemeinsam mit dem Europäischen Betriebsrat.
Und aus dieser ersten Runde wurde ein regelmäßiges Treffen?
Nach dem ersten Treffen, bei dem wir zunächst zugehört und uns ein Bild gemacht haben, wurden regelmäßige „Learning over Lunch“-Treffen zu verschiedenen Themen angeboten. Das heißt, wir laden interessierte Mitarbeiter zu einem konkreten Thema ein. Wie der Titel schon sagt, finden die Treffen und Vorträge über die Mittagszeit statt – wir bestellen einen kleinen Imbiss, der Mitarbeiter bringt seine halbe Stunde Pause ein – der Rest der Zeit wird als Arbeitszeit gewertet. Die Veranstaltungen dauern in der Regel eineinhalb bis zwei Stunden.
Welche Themen werden dort besprochen?
Wir haben in den letzten Jahren gelernt, uns nicht mehr alle Themen ganz alleine auszudenken, sondern auch Anregungen aus diesen Treffen mitzunehmen. In dem ersten Meeting haben wir zum Beispiel gelernt, dass Kinderbetreuung ein Thema ist, das die Mitarbeiter bewegt. So entstand die Idee zu unserem Parent-Child-Office. Zu diesen Themen laden wir allerdings nicht nur Frauen ein, sondern auch Väter. Weitere Themen sind z. B. physische Gesundheit und das Mobile Office.
Wie wird das Angebot angenommen?
Die Treffen sind sehr gut besucht und die Mitarbeiter zeigen großes Interesse. In der Regel kommen 15 bis 20 Personen aber es können auch einmal 30 sein, je nach Thema.
Und was ist bisher konkret aus diesen Treffen hervorgegangen?
Zum Beispiel eben unser Parent-Child-Office. Diese Idee hatten wir schon lange und da haben wir ein „Learning over Lunch“ genutzt, um zu schauen, ob der Bedarf auch wirklich da ist. Zu diesem Termin sind auch sehr viele Väter gekommen, was uns besonders gefreut hat. Wir haben zunächst überlegt, ob wir Kooperationen mit Kindergärten anbieten sollen. Aber es gab hierzu Vorbehalte in der Diskussion mit den Eltern. Also haben wir im Gespräch mit den Betroffenen gelernt, es wäre zwar eine schöne Idee, aber da viele außerhalb wohnen, ist diese Lösung besonders in den Ferienzeiten nicht praktikabel. Wenn man die Betroffenen mit einbezieht, dann können auch wirklich Maßnahmen implementiert werden, die anerkannt und angenommen werden. An dieser Stelle – ein herzliches Dankeschön an alle, die uns dabei unterstützen.
Und wie ging es dann an die Umsetzung?
Das hat mich besonders begeistert und überrascht – es haben sich alle eingebracht. Wir haben einen als Lager genutzten Raum zu einem Büro mit zwei Arbeitsplätzen umfunktioniert und mit selbstgemalten Kinderbildern verschönert. Zunächst haben wir eine sechsmonatige Pilotphase gestartet, dann das Büro als Dauereinrichtung implementiert.
Die Eltern haben das komplette Spielzeug gespendet – so dass hierfür keine zusätzlichen Kosten entstanden sind. Eine Mutter hat sich freiwillig als Koordinatorin zur Verfügung gestellt, hat Listen erstellt, hat das Spielzeug eingesammelt, in den Schrank geräumt und die Listen dazu gelegt. Wenn es einer zurückhaben will oder die SCOR mal verlässt, dann gibt man das einfach wieder raus.
Wir haben auch gemeinsam mit den Eltern Spielregeln für die Raumnutzung aufgestellt. Das Parent-Child-Office soll kein Ersatz für eine Kinderbetreuung sein, sondern ist dafür gedacht, Notfallsituationen besser managen zu können. Man holt sich am Empfang den Schlüssel und trägt sich in eine Liste ein. So können wir auch nachverfolgen, wie hoch die Nutzung ist. Diese Maßnahme wird sehr gut angenommen und wir haben sehr positives Feedback der Nutzer.
Wie soll die Entwicklung weitergehen?
Wir wollen insbesondere für Mütter und Väter verschiedene Möglichkeiten anbieten. Neben dem Eltern-Kind-Büro bieten wir auch Maßnahmen bei der Pflege von Kindern und Angehörigen an. Weitere Ideen sollen im Zusammenhang mit dem integrierten Diversity-Konzept entwickelt werden. Wir möchten gerne verschiedene Maßnahmen anbieten und es ist uns sehr wichtig, dass Mitarbeiter auch verstehen, dass eine Maßnahme allein nicht alle Situationen abdecken kann. Weitere Maßnahmen sind schon in der Planung – auch in Kooperation mit dem AGV.
Jutta Kern
SCOR Rückversicherung Direktion für Deutschland
Head of HR