Sehr geehrte Damen und Herren,
heute fand in Köln die dritte Runde der diesjährigen Gehaltstarifverhandlungen für die Innendienst-Angestellten statt. Die Verhandlungskommission des AGV wurde von Dr. Josef Beutelmann, Vorstandsvorsitzender der Barmenia Versicherungen und Vorstandsvorsitzender des AGV, geleitet.
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat nach der zweiten Verhandlungsrunde am 5. Mai versucht, die Belegschaft dadurch zu mobilisieren, dass sie die Vorschläge des AGV zur Modernisierung des Manteltarifvertrages und die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage der Versicherungswirtschaft durch den Verhandlungsführer des AGV bewusst „verdreht“ und falsch wiedergegeben hat. Beiliegend erhalten Sie als Anlage 1 eine Stellungnahme des AGV zu den gewerkschaftlichen (Falsch )Aussagen.
Der AGV hat den Gewerkschaften ver.di, DHV und DBV zu Beginn der heutigen Verhandlungsrunde ein Gesamtpaket als „erstes, verhandlungsfähiges Angebot“ vorgeschlagen:
- 6 Null-Monate.
- Einmalzahlung in Höhe von € 300 für die Angestellten, nicht für die Auszubildenden, zahlbar im Juli 2011.
- Lineare Anhebung der Tarifgehälter einschließlich Tätigkeits- und Verantwortungszulagen um 2,0 % ab 1. Oktober 2011.
- Lineare Anhebung der Tarifgehälter einschließlich Tätigkeits- und Verantwortungszulagen um 1,5 % ab 1. Januar 2013.
- Anhebungen der Vergütungen für die Auszubildenden um € 10 ab 1. Oktober 2011 und um weitere € 10 ab 1. Januar 2013.
- Laufzeit: 33 Monate bis 31. Dezember 2013.
- Verlängerung der Altersteilzeit bis 31. Dezember 2013, allerdings nicht in Form des bisherigen Abkommens, sondern als Öffnungsklausel wie im angestellten Außendienst, d. h. bei vereinbarter Altersteilzeit beträgt die Aufstockungszahlung 20 % des bisherigen hälftigen Bruttoarbeitsentgelts und der hälftige Ausgleich des Rentenabschlags entfällt.
- Tarifvertragliche Gestattung der Befristungsmöglichkeit von Arbeitsverträgen bis zu vier Jahre (bei sechs Verlängerungsmöglichkeiten innerhalb dieses Zeitraumes).
- Ausbau der beschäftigungswirksamen Gehaltsgruppen A und B, aber nur für Neueinstellungen, so dass die Gehaltsgruppen I und II unverändert für alle Mitarbeiter, die heute bei Versicherungsunternehmen beschäftigt sind, bestehen bleiben.
- Variabilisierung der tariflichen Sonderzahlungen, aber nur bei Abschluss einer entsprechenden freiwilligen Betriebsvereinbarung.
- Verlängerung des tariflichen Arbeitszeitkorridors bis 31. Dezember 2013.
- Anpassung der tariflichen Urlaubsregelung an die geänderte Rechtsprechung des BAG.
- Beendigung bzw. Ruhen des Arbeitsverhältnisses mit Bezug einer Erwerbsminderungsrente.
Die bisherigen Forderungen des AGV nach Erleichterung der Einführung von Samstagsarbeit, nach Herausnahme der übertariflich bezahlten Angestellten aus dem Anwendungsbereich des Tarifvertrages und nach Abschaffung der arbeitsfreien Tage 24. und 31. Dezember werden, so hat der AGV ausdrücklich klargestellt, in dieser Tarifrunde nicht weiter verfolgt. In einer späteren Phase der Verhandlungen hat der AGV ferner erklärt, er werde auch seine Forderung nach Variabilisierung der tariflichen Sonderzahlungen in dieser Tarifrunde zurückstellen.
Das Angebot des AGV hat Substanz! Die verbleibenden Forderungen des AGV zur Modifizierung des Manteltarifvertrages würden alle Mitarbeiter, die heute bei Versicherungsunternehmen beschäftigt sind, nicht betreffen, sondern lediglich die Begründung neuer Arbeitsverhältnisse erleichtern!
ver.di hatte in anderen Tarifbereichen zuletzt folgende Tarifverträge abgeschlossen:
- Die Mitarbeiter im privaten Bankgewerbe (Deutsche Bank etc.) bekommen ab 1. Januar 2011 1,6 % (Laufzeit des Tarifvertrages, der auch eine Einmalzahlung von € 300 und 8 Null-Monate vorsieht: 22 Monate).
- Die Mitarbeiter der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) bekommen ab 1. Januar 2011 1,7 % (Laufzeit des Tarifvertrages, der auch eine Erhöhung um 2,3 % ab 1. Januar 2010 vorsieht: 24 Monate).
- Die Mitarbeiter der Betriebskrankenkassen (BKK) erhalten ab 1. Januar 2011 0,6 % und ab 1. August 2011 weitere 0,5 % (Laufzeit des Tarifvertrages, der auch eine Erhöhung um 1,2 % ab 1. Januar 2010 vorsieht: 26 Monate).
- Die Mitarbeiter der Innungskrankenkassen (IKK) erhalten ab 1. September 2011 1,6 % (Laufzeit des Tarifvertrages, der auch eine Erhöhung um 1,2 % ab 1. Mai 2010 vorsieht: 20 Monate).
- Die Mitarbeiter der Postbank erhalten ab 1. April 2011 2,2 % (Laufzeit des Tarifvertrages, der auch 3 Null-Monate und eine weitere lineare Erhöhung um 2,4 % ab 1. April 2012 vorsieht: 28 Monate).
- Die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst erhalten ab 1. April 2011 1,5 % (Laufzeit des Tarifvertrages, der auch 3 Null-Monate, eine Einmalzahlung in Höhe von € 360 und eine Tariferhöhung um 1,9 % ab 1. Januar 2012 vorsieht: 24 Monate).
Wenn ein Arbeitgeberverband ein „erstes, verhandlungsfähiges Angebot“ vorlegt, erklärt er damit zugleich, dass dieses im Laufe der Verhandlungen „entwicklungsfähig“ (zugunsten der Belegschaften) ist. ver.di verweigerte sich jedoch zu solchen Verhandlungen, weil sie keinesfalls mit dem AGV über „Mantel-Themen“ sprechen wollte, obwohl ver.di selbst „Mantel-Forderungen“ erhoben hatte (z. B. nach Übernahme der Auszubildenden nach bestandener Abschlussprüfung in ein unbefristetes Angestelltenverhältnis).
Diese Verweigerungshaltung von ver.di ist dem AGV unverständlich, weil
- seit über 60 Jahren im Zuge von Gehaltstarifverhandlungen stets auch Veränderungen am Manteltarifvertrag vorgenommen worden sind (als Anlage 2 erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten Tarifänderungen seit 1949);
- auch im Rahmen der Tarifabschlüsse in anderen Branchen mit Zustimmung von ver.di regelmäßig „Mantel-Themen“ mit geregelt werden;
- eine Kündigung des Manteltarifvertrages für die Beschäftigten wesentlich ungünstiger wäre.
Erstaunlich und zugleich bedauerlich ist, dass ver.di zu dem materiellen Teil des AGV-Angebotes nicht Stellung genommen hat und nicht in Verhandlungen eingetreten ist.
Die Verhandlungen mit ver.di wurden am heutigen Abend ergebnislos abgebrochen. Der AGV hat seine Bereitschaft erklärt, mit allen drei Gewerkschaften – ver.di, DHV und DBV – weiter zu verhandeln.