TN 05/2015, 20.03.2015

Tarifverhandlungen Innendienst 2015/2016

Am 20. März fand in Karlsruhe die erste Runde der Tarifverhandlungen für die rund 173.000 Innendienst-Angestellten unserer Branche (einschließlich der Auszubildenden) statt.

Die Verhandlungskommission der Arbeitgeber wurde von Dr. Josef Beutelmann, Vorsitzender des AGV und Aufsichtsratsvorsitzender der Barmenia Versicherungen, geleitet. Verhandelt wurde mit den Gewerkschaften ver.di, DHV und DBV.

Im Mittelpunkt stand ein Meinungsaustausch über die volkswirtschaftlichen Rahmendaten und die Entwicklung der einzelnen Sparten der Versicherungswirtschaft. Auf die aktuelle volkswirtschaftliche Lage in Deutschland ging für den AGV Professor Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, ein. Er wies auf die erheblichen Finanzmarktrisiken, auf die anhaltende Investitionsschwäche in Deutschland und auf die gesamtwirtschaftlichen Probleme durch die zu niedrige Inflation hin: „Eine reale Verzinsung ist derzeit nicht identifizierbar“.

Der Chefökonom der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Dierk Hirschel, sagte, die deutsche Versicherungswirtschaft zeichne sich durch steigende Beiträge, steigende Unternehmensgewinne und steigende Dividenden aus. In der Tariflohnentwicklung 2000 bis 2014 hinke die Versicherungswirtschaft aber hinterher. So seien die Tariflöhne im Durchschnitt aller Branchen in diesen 14 Jahren um 38 Prozent gestiegen, in der Versicherungswirtschaft dagegen nur um 33 Prozent. Er sah einen verteilungsneutralen Spielraum für die Gesamtwirtschaft von 3,5 Prozent, der sich aus 2 Prozent Zielinflationsrate der EZB und 1,5 Prozent Trendproduktivität zusammensetze. Hinzu käme eine Umverteilungskomponente von 2 Prozent.

AGV-Geschäftsführer Dr. Michael Gold wies auf die rückläufigen laufenden Beiträge in der Lebensversicherung (minus 0,7 Prozent in 2014), auf die rückläufige Anzahl der Lebensversicherungsverträge und auf den Rückgang des Versicherungsbestandes in der privaten Krankenvollversicherung hin. Auch wenn die Schaden- und Unfallversicherung gut abgeschnitten hätte, so betrage das Wachstum der deutschen Versicherungswirtschaft im letzten Jahr – ohne die Einmalbeiträge in der Lebensversicherung, die nicht Grundlage einer linearen Tariferhöhung sein könnten – insgesamt nur 1,1 Prozent. Die vernünftige Tarifpolitik der letzten Jahre habe dazu geführt, dass die Zahl der Innendienst-Angestellten seit 2009 konstant bei 160.000 liege.

Christoph Meister, der neue Verhandlungsführer von ver.di, hob die „außerordentlich bemerkenswerten Unternehmensgewinne“ der in Deutschland tätigen Versicherungsgesellschaften im Jahr 2014 hervor. In der Lebensversicherung und in der Krankenversicherung seien die Beiträge gestiegen, die Schaden- und Unfallversicherung sei in die Gewinnzone zurückgekehrt, allein die Kfz-Versicherung sei um 4,6 Prozent gewachsen. Dem gesamttarifpolitischen Trend in Deutschland könne sich deshalb auch die Versicherungswirtschaft nicht entziehen, zumal die Tariflöhne im letzten Jahr im Durchschnitt aller Branchen um 3,1 Prozent gestiegen seien, in der Assekuranz dagegen nur um 2,2 Prozent ab 1. Oktober 2014. 

Anschließend wiederholte Herr Meister die Forderung seiner Gewerkschaft, die Tarifgehälter um 5,5 Prozent, mindestens aber um 160 Euro monatlich, alle Zulagen um 5,5 Prozent sowie die Vergütungen für Auszubildende um 60 Euro für jedes Ausbildungsjahr zu erhöhen. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrages soll 12 Monate betragen. Ausdrücklich wies Herr Meister darauf hin, dass die ver.di-Forderung 2015 um ein Prozent unter der des Jahres 2013 liege.

Herr Dr. Beutelmann und mehrere Mitglieder der AGV-Verhandlungskommission relativierten die Betrachtung von Herrn Meister. So habe der Zins für 10-jährige Anleihen des Bundes bei der letzten Tarifrunde noch rund zwei Prozent betragen, während er jetzt gegen null Prozent tendiere. Die Lebensversicherung könne daher keinerlei zusätzlichen Kostendruck stemmen, zumal ihre Produkte im Wettbewerb stünden. In der privaten Krankenversicherung sei eine Beitragsanpassung aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen. Und die Kompositversicherer hätten von der außergewöhnlichen Elementarschadensituation profitiert, die sich so nicht wiederholen dürfte.

Entsprechend argumentierte der AGV auch gegenüber DHV und DBV.

Die Verhandlungen werden am 28. April in Köln fortgesetzt.

Ansprechpartner:
Ansprechpartner: